Vom 6. 10 bis 12.10.2024 war es wieder soweit: eine leicht veränderte Teilnehmergruppe begab sich erneut an Holgers frühere Wirkungsstätte Ried im Oberinntal, um auf alten Wallfahrtswegen zu wandern und einzukehren - tagsüber jeder in sich und abends in der örtlichen Gastronomie. Vorzugsweise zitierte Holger aus Bischof Reinhold Stechers Texten, die die Natur in so einzigartiger Weise in Bezug zu Religion und dem täglichen Leben bringen. Ein Beispiel: der Gletscherhahnenfuß, ein unscheinbares Pflänzchen, das in großer Höhe wächst und allen Unbilden trotzt und in der Lage ist, unter Eis und Schnee einen behaglichen Mikrokosmos einzurichten und sich nicht unterkriegen lässt, auf bessere Zeiten vertrauend.
Montag, 07.10.2024: Am Tag eins nach unserer Ankunft fuhren wir ins schweizerische Engadin und wanderten bei meist blauem Himmel und herbstlich bunten Farben auf dem sonnigen Engadiner Panoramaweg von Guarda nach Ardez. Am Beginn des Wegs stand der Besuch einer uralten calvinistischen Kirche in Lavin mit mittelalterlichen Fresken und am Ende der einer katholischen Klosterkirche in Tarasp im ansonsten reformierten Gebiet.
Dienstag, 08.10.2024: Der zweite Tag führte uns zum mittelalterlichen Wallfahrtskirchlein St. Georg, 170 m über dem Inn in der Nähe von Tösens. Auch hier konnten wir die Kunst eines unbekannten mittelalterlichen Meisters bewundern, farbenfrohe Fresken, gleich einem Comic – die Leute damals konnten ja nicht lesen – mit Sankt Georg, dem Drachentöter als Hauptmotiv, daher auch der Name „Sankt-Georgen-Kirche“. Zurück nach Ried ging es zu Fuß auf der VIA CLAUDIA AUGUSTA, der A3 der römischen Antike.
Mittwoch, 09.10.2024: Am dritten Tag fuhren wir ins nahe Südtirol zum Kloster Marienberg, gleich hinterm Reschenpass, wo es noch „echte“ Mönche, Benediktiner, gab. Hier konnte man sich im Museum mit den Ordensregeln des heiligen Benedikt vertraut machen und in der Klosterkirche und Marienkapelle zur inneren Ruhe finden. Eine Wanderung auf einem alten Wallfahrtsweg folgte. Das letzte Stück Weg ins 1700 m hoch gelegene Dörflein Schlinig war steil und beschwerlich, das Wetter spätherbstlich, ungemütlich und kalt. Aber auch im wahren Leben herrscht ja nicht täglich eitel Sonnenschein! Nach dem Besuch der Dorfkirche gönnten wir uns einen Kaffee in der örtlichen Gastronomie.
Donnerstag, 10.10.2024: Der vierte Tag war ein Regentag. Der Inn floss grau schäumend dahin. Beste Zeit, das Museum in Landeck zu besuchen, wo uns das Schicksal der „Schwabenkinder“ sehr berührte: Aus den kinderreichen, bettelarmen tiroler Familien wurden vom 18. Jahrhundert bis in die Neuzeit von März bis Oktober Kinder zum Arbeiten ins reichere Oberschwaben geschickt, unter großen Strapazen und Entbehrungen. Ein besonderes Highlight war ein Taufbecken aus dem Jahr 430 nach Christus, sichtbar durch eine Glasplatte im Boden der Landecker Stadtpfarrkirche. Das Inntal war immer Transitland, von der Antike bis heute. Deshalb hat Ried auch eine lange Geschichte, die wir beim abendlichen Dorfrundgang erkundeten.
Freitag, 11.10.2024: Am fünften Tag nahmen wir erneut nach der allmorgendlichen Besinnung in der restaurierten ehemaligen Klosterkirche in Ried den alten Wallfahrtsweg im Kaunertal nach Kaltenbrunn unter die Füße. Am Anfang der Wanderung trug Holger einen weiteren Impuls in der Kolpingkapelle im Kaunertal mit Werken des Künstlers Egino Weinert vor. Der Eigentümer des benachbarten Hotels öffnete uns spontan das private Heimatmuseum. Nach dem Besuch der Wallfahrtskirche Kaltenbrunn genehmigten wir uns eine Suppe in der Wirtschaft nebenan. Dann führte uns der alte Wallfahrtsweg weiter nach Kauns, Von dort fuhren wir bei gutem Herbstwetter mit dem Bus zurück nach Ried.
Zur Erbauung und Gesundung der Seele haben diese Wanderexerzitien auf jeden Fall beigetragen. Fazit: „Wir machen wieder mit!“
Besonderer Dank an Holger für die Organisation und die spirituellen Inhalte und Uli für die tägliche Zubereitung des leckeren Frühstücksbuffets!
Joachim Oberle